Tipps zum Umgang mit Gesangsübungen
Wer sich mit Stimmbildung auseinandersetzt, gewöhnt sich schnell an Übungen, die für Laien ungewohnt, komisch und manchmal etwas peinlich sein können. Kleine Kinder, die ohne Klangvorstellung an die Entdeckung der Stimme herangehen, können das ohne voreingenommen zu sein und sind ein grossartiges Vorbild.
Kleine Kinder sind das beste Vorbild, wenn es um das Entdecken der eigenen Stimme geht.
1. Wenn es unangenehm ist, ändere etwas! (Geschwindigkeit, Grösse, Winkel, …)
2. Lernen heisst, Parameter kreativ zu verändern und die beste Möglichkeit zu suchen – immer wieder und in allen möglichen Bereichen (wie Positionierung, Bewegung, Atmung, Pausen, Mimik, Aussprache, …)
3. Stimmtraining – wie jedes andere Training auch – bedingt Regelmässigkeit. Lieber 5 Minuten am Tag aufmerksam üben als einmal eine Stunde pro Woche. Sich mit voller Konzentration einer Übung oder dem Körpergefühl zu widmen, ist wichtig. Nur sehr bekannte Übungen, wo nicht mehr viel verändert wird (bspw. Lippenflattern) können auch mit alltäglichen Aufgaben (Autofahren, Duschen, Waschen) verbunden werden.
4. Pausen sind wichtig! Dein Körper, deine Stimme, aber auch deine Konzentration lassen nach einer Weile nach. Dann schleichen sich Fehler ein, die du einübst, wenn du keine Pause einlegst. Idealerweise nutzt du die Pausen für Lockerungs- oder Entspannungsübungen.
5. Keine Onlinekurse ersetzen einen guten Coach oder Lehrer, der dir direktes und auf dich abgestimmtes Feedback geben kann.
6. Bei Körperübungen empfiehlt es sich, einen kurzen „Bodyscan“ vor und nach der Übung durchzuführen und das Körpergefühl zu vergleichen. Wer sich intensiver mit Körperwahrnehmung auseinandersetzen möchte, kann ergänzend auch Schulen wie Feldenkrais, Alexandertechnik, „Eutonie Gerda Alexander“, Ideokinese, Schlaffhorst-Anderson oder „Der erfahrbare Atem“ nach Mittendorf beiziehen.
7. Ich empfehle, innerlich zwischen „Forscher“ und „Ästhet“ zu unterscheiden. Wenn neue Techniken und Übungen ausprobiert werden, darf und soll die Klangbeurteilung völlig ausser Kraft treten. Es geht ausschliesslich darum, das Neue zu entdecken, es möglichst wertfrei zu beobachten. Tritt der Ästhet in den Vordergrund, also unsere emotionale, musikalische Seite, darf der Techniker in uns zurücktreten. In diesem Moment spielt es keine Rolle mehr, ob ein Ton ganz sauber angesetzt war– es geht ausschliesslich um musikalischen Ausdruck. Es ist völlig normal, dass sich – vor allem am Anfang – immer wieder derjenige einmischt, der nichts zu sagen hätte. Der „Forscher“ jammert, dass der Ton nicht perfekt gehalten wurde, wenn es eigentlich um den musikalischen Ausdruck geht, der „Ästhet“ findet bei technischen Übungen, dass es nicht „schön“ klingt. Wie beim Meditieren kann man dann versuchen, sich wieder auf seinen inneren Forscher zu konzentrieren und die „Sprechstunde“ des Ästheten auf später verschieben.
8. Metaphern und Analogien (sogenannte „somatische Marker“) sind in der Pädagogik deshalb so beliebt, weil sie einen Gedächtnisinhalt emotional aufladen und er damit deutlicher aufgenommen und schneller gespeichert werden kann. Wenn dir also etwas besonders gut gelingt, versuche es mit einem eigenen Bild zu verknüpfen. So kannst du mit der Zeit schnell auf Ausdruck oder Einstellungen zurückgreifen.
9. Glaube niemandem – keinem Lehrer, keinem Buch, keinem Video. Finde für dich heraus, was sich am besten anfühlt. Überprüfe auch deine eigenen erworbenen Grundsätze immer wieder kritisch und mit Entdeckerfreude.
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